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Überführung der 10 001 nach Dahlhausen

Wohl auf die Luft geht frisch und rein...    
Wer den Text dieses Liedes kennt, der weiß schon was ihn erwartet. Alle anderen müssen noch bis zu Ende des folgenden Absatzes warten, bis sie wissen worum es geht.

"Hast Du am Sonntag Zeit?" mit dieser Frage fing ein Abenteuer der besonderen Art an. "Ihr müsst aus Neuenmarkt-Wirsberg die 10 001 holen!" Schon die Nummer dieser Lok lässt die Herzen der Dampflokfreunde höher schlagen. Kein Wunder, dass ich Feuer und Flamme war, diese Lok aus ihrem derzeitigen Heim am Fuße der "Schiefen Ebene" nach Dahlhausen zu holen. Eine Diesellok, drei Wagen und vier Mann machten sich am Sonntag den 22.04.07 auf den Weg, um ins Land der Franken zu fahren.

Nach achtstündiger Fahrt erreichten wir in völliger Dunkelheit unser Ziel. Doch bis wir ins Bett kommen sollten, fiel reichlich Rangierarbeit und die Überprüfung der Weiche 108 an. Die hatte nämlich eine Störung und legte sich nach dem Umstellen selbsttätig in die Ausgangslage zurück. Zum Glück waren wir mit unserer Rangierabteilung schon drüber weg. 

Nach einem ausgiebigen Frühstück, sozusagen als Ersatz für das beinahe ausgefallene und daher knapp bemessene Abendessen, betraten  wir die ehrwürdigen Schienen des ehemaligen Bahnbetriebswerkes. Der Leiter des Deutschen Dampflokmuseums Volker Dietel wartete mit einem Kamerateam des MDR bereits auf uns. Eigentlich sollten wir um diese Zeit schon längst auf dem Weg nach Dahlhausen sein, aber das putzten wir uns getrost von der Backe. Ruhezeiten sind nun mal dazu da, dass man sie auch einhält.

Endlich konnten wir alle die 10 001 in voller Größe und Schönheit sehen. Der gigantische 40 m³ fassende Tender erregte allgemeines Staunen. Nur vier Achsen trugen dieses Monstrum. Aber zum ausgiebigen Sehen und Bewundern blieb nicht viel Zeit. Die Lok musste ja für die Fahrt präpariert werden. Ganz langsam und behutsam zog die V100 den schwarzen Schwan zur Untersuchungsgrube. Experten des Rollenlagerherstellers hatten zwar zuvor die Lager besichtigt und für gut befunden. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. 

Noch nie zuvor hatte jemand von uns die Lokomotive aus unmittelbarer Nähe gesehen, folglich wußte auch keiner, welche Stellen geschmiert werden müssen. Das Gute an der Lok ist ihre späte Geburt. Man konstruierte zu Gunsten des Betriebes. Das Personal musste nicht so viele Stellen von Hand abölen. Zentralschmierungen sorgten für freundliche Auf- und Abrüstzeiten.

Als die Schmierpressen endlich gefunden waren, ja ja die waren so gut versteckt, die befanden sich nicht an Stellen, wo man sie üblicher Weise vermutet,  kam die bange Frage auf: Funktionieren die Dinger auch? Der mechanische Antrieb an der Schwinge verwandelte sich unter Entfernung eines kleinen Bolzens in einen Handantrieb. Und schon begann der Test. Die Schmierpressen liefen ganz leicht. Aber tun sie es auch wenn Fett und Öl in den Vorratsbehältern sind? Und vor allen Dingen werden diese Medien auch zuverlässig gefördert? Bange Minuten vergingen. Abwechselnd pumpten wir vier. Endlich nach fast einer halben Stunde kam an einer Spurkranzschmierdüse etwas Fett heraus. Es dauerte nicht lange und an der Kolbenstange erschien der erste Öltropfen. Das beflügelte unseren Eifer. Nach gut einer dreiviertel Stunde kam an allen Öl- und Fettschmierstellen ausreichend Schmierstoff an.

Nun darf man nicht glauben, dass  wir uns nur mit der Zentralschmierung beschäftigt hätten. Beleibe nicht. Es gibt noch reichlich andere Schmiergefäße, die unserer Aufmerksamkeit bedurften. Alle aufzuzählen, sprengt den Rahmen. Aber eins soll in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Über alle Verschraubungen war eine dicke Lackschicht aufgetragen worden, so dass es große Schwierigkeiten bereitete, die Stegverschlussschrauben herauszudrehen. 

Alles in allem dauerte es gute fünf Stunden, bis der Schwan reisefertig war. Nach einer Brotzeit in der uns Volker Dietel mit eiskalten Getränken und reichlich Senf versorgte, verabschiedeten wir uns vom DDM und meldeten uns beim Fdl. Die Weiche 108 bereitete dank einer Reparatur durch einen Techniker keine Schwierigkeiten und nach kurzem Rangieren erfolgte die Ausfahrt. 

Obwohl die Lauffähigkeit mit 60 km/h bescheinigt war, bestand für die ersten Kilometer die Auflage, nur mit 30 Km/h zu überführen. Zwangsläufig hieß es für den Zug in Kulmbach rechts raus, Überholung. Sofort runter von der Lok. Alle Lager wurden mit der Hand abgefühlt. Die Temperatur der Lager und die Schnauze eines gesunden Hundes zeigten keine Differenz. Aber eine Stegverschlussschraube auf der rechten Seite hatte sich selbstständig gemacht und das Weite gesucht. In solchen Fällen hilft ein uralter Trick aus Großvaters Kiste: Ein Ast mit passendem Durchmesser wird gesucht und einfach in das Loch gesteckt. Fertig ist die Laube. Schade, das habe ich nicht fotografiert. 

Bei jedem Halt spielte sich das gleiche ab. Runter von der Lok und abfühlen. Habe ich schon gesagt, dass die Lok ein drittes Triebwerk in der Mitte hat? Nein, nun dann erwähne ich es jetzt. Diese Kreuzkopfgleitbahn könnte zum Problem werden, wenn sie dauernder Beanspruchung unterliegt.  Erstens wird sie nicht durch den Fahrwind gekühlt und zweitens ist sie nicht ganz einfach zu erreichen. Auf jeden Fall stellt sie ein Problem für Menschen mit Körpermaßen größer 1,90 Meter dar. Man erreicht diese Gleitbahn über eine Öffnung im Umlauf eigentlich sehr gut. Aber wenn man weiß, dass der Fahrdraht direkt über der Kesselmitte verläuft, versteht man meine Bedenken.

Wo immer es ging, suchten wir ein Gleis, dass nicht unter einer Fahrleitung verlegt ist. Gar nicht so einfach. Hin und wieder wie hier in Lichtenfels gelang es uns aber doch.  Die Anspannung legte sich, als sich beim Kontrollieren der mittleren Gleitbahn herausstellte, dass sie sich in der Temperatur nicht von den beiden anderen Gleitbahnen unterschied.  Die Einfahrphase hatte sich bestens bewährt. Die Geschwindigkeit konnte nun erhöht werden. Fortan wollten wir permanent 45  km/h auf die Schienen bringen. Das wurde uns aber nicht gegönnt.

Denn bereits in Zapfendorf hieß es wieder rechts raus. Gute 50 Minuten standen wir in diesem kleinen Ort unterhalb des Staffelberges. Eine mitleidsvolle Fahrdienstleiterin spendete uns nicht nur Trost sondern auch einen Kaffee. Falls die Gute es hier liest, nochmals herzlichen Dank.

Es ging dann nach der ausgiebigen Wartezeit weiter in Richtung Bamberg. Doch schon in Breitengüßbach gab es erneut einen kleinen Stop. Zu unserer Überraschung hatten sich einige Eisenbahnfreunde hier versammelt. Offenbar funktionierte die Buschtrommel via Internet und Handy. Besonders gefreut haben wir uns, dass auch Wolfhard Bätz anwesend war. Eine Überholung und schon mussten wir uns verabschieden.

Langsam wurde es dunkel. Unser Tagesziel Gemünden konnten wir nicht mehr vor Mitternacht erreichen. Wir beschlossen, die Fahrt in Schweinfurt enden zu lassen.  Der nächste Tag brachte eine Überraschung, es hatte über Nacht etwas geregnet, aber so wenig, dass  man es kaum merkte. Nun die arg in Mitleidenschaft gezogene Natur wird es dankbar angenommen haben. Große Gedanken konnten wir ja ohne hin nicht daran verschwenden. Die 10 001 mußte  ja wieder kontrolliert und an den Verlustschmierstellen aufgefüllt werden.

Das Rangiergeschäft in Schweinfurt war ein Klacks und sofort stellte der Fahrdienstleiter die Ausfahrt. Vielleicht war er froh uns los zu werden, denn einige Fahrgäste der Frühzüge standen mit ihren Fotoapparaten und Fotohandys etwas planlos in der Gegend rum. Auf Höhe des AKW Schweinfurt verliessen wir die Hauptbahn und fuhren auf einer Güterzugnebenstrecke nach Gemünden. Aber nicht lange.

In Arnstein gab es eine Zugkreuzung. Natürlich wurde wieder jedes Lager und jede Gleitbahn überprüft. Alles blieb wunderbar kalt. Auch wir bekamen ein leichtes frösteln. Der Regen in der Nacht hatte die Luft deutlich abgekühlt. Die Stimmung wurde noch frostiger, als wir sahen, weshalb man uns auf der eingleisigen Strecke festhielt. Ein mickriger Skl mit Hänger hatte die Stirn, uns an der Weiterfahrt zu hindern.

Aber auch dieser Schock ging vorüber und die Fahrt weiter. Wir erreichten Gemünden, das Planziel des gestrigen Tages. Großartig die alte Neubaustrecke betrachten, das durften wir uns getrost abschminken. Die Fahrt über die Spessartrampe stand an. Deshalb wurde noch einmal ganz sorgfältig kontrolliert und alles prophylaktisch mit einem zusätzlichen Tropfen Öl versehen.

Es sollte bis Haigenbrücken in einer Tour durchgehen. Doch schon in Langenprozelten machten wir einem schnelleren Güterzug Platz. Als dann doch überraschenderweise das Ausfahrsignal gestellt wurde, kam gleichzeitig der Auftrag die kürzeste Fahrzeit anzustreben. Das bedeutete, die erlaubten 60 km/h auch zu fahren. Bislang fuhren wir maximal 50 Sachen und die auch nur kurz im Gefälle. Die 10 001 lief ruhig und ohne irgend welche Anzeichen von Widerwillen die Steigung hinauf.

Beim Scheiteltunnel in Haigenbrücken war noch einmal eine Überholung angesagt. Also wieder schnell die Lager und Gleitbahnen abfühlen. Die Lager zeigten sich erneut von erstaunlicher Eiseskälte. Nur die mittlere Kreuzkopfgleitbahn hatte sich leicht erwärmt. Diese Temperatur  konnten wir aber getrost unter handwarm verbuchen.  Nach dem Scheiteltunnel rollte die Fuhre die etwas kürzere aber dafür auch steilere Rampe zu Tal.

Hier zeigte sich was ein guter Lokführer ist. Da die  10 001 ohne funktionierende Bremsanlage überführt werden musste, hatten wir drei Wagen  zum Erreichen der erforderlichen Bremshundertstel dabei. Die Wagen haben aber einlösige Bremsen und sind somit erschöpfbar. Für den Laien heißt das, unter bestimmten Bedingungen durch unkluges Bremsen steht keine Bremsluft mehr zur Verfügung. Aber unsere beiden Diesellokführer Jens und Marcel meisterten diese Hürde des Parcours mit Bravour.

In Friedbergstand stand ein längerer Schmieraufenthalt auf dem Plan. Der wurde natürlich auch für einige Fotos genutzt. Da wird die Zuglok schon mal einige Meter vorgezogen und ein besonders eindrucksvolles Foto geschossen. Eindrucksvoll deshalb, weil die 10 001 in ihrer aktiven Dienstzeit durch Friedberg gefahren ist.

Auch hier trommelte der Buschfunk unsere Ankunft durch. Zwei "Fuzzys" der besonderen Art erwarteten uns vor Ort. Joachim Schmidt, bekannt durch die Rio Grande-Videos und Ralf Göhl der Saalfelder 01.5-Lokführer standen am Bahnsteig. Na, das Hallo kann man sich ja denken. Der Jochen ist dann anschließend noch ein Stück zu Filmaufnahmen auf dem Dampfer mitgefahren.


Der letzte größere Aufenthalt bei dieser Etappe erwartete uns in Dillenburg. Abgesehen von einer kurzen Überholungspause in Wetzlar durften wir ungestört bis hierher fahren. Um mich nicht ständig zu wiederholen, denn auch für uns wurden die Vorgänge Routine, erwähne ich mal nur, dass wir Fotos gemacht hatten und dass sich Joachim Schmidt von uns verabschiedete. Eine Überholung noch in Rudersdorf  und wir hatten das Etappenziel Bw Siegen erreicht.

Foto: Joachim Reinhard

Foto: Joachim Reinhard
Was uns da erwartete, kann man nicht beschreiben, man muß es erlebt haben. Die Begrüßung war einmalig. Diese Lok in diesem Bw ist schon eine feine Sache. Die Mannschaft vor Ort, oder soll ich besser sagen Familie Becker, nahm uns mit einer Herzlichkeit in Empfang, die ihresgleichen sucht. Nach dem Abrüsten  durften wir durchgeschwitzten Jungs, jawohl es ist noch richtig heiß geworden, uns unter der Dusche erfrischen.  Und dann gab's ein zünftiges Abendessen vom Grill.

Der nächste Morgen bescherte uns ein ausgiebiges Frühstück mit frischen Brötchen und reichlich Kaffee. Dann aber war wieder der Alltag da.  Abschmieren usw.  Natürlich wurde von uns und einigen Besuchern die Gelegenheit genutzt, und noch das eine oder andere Foto geschossen.

Wie man hier sieht, scheint der Brenner gerade gezündet zu haben. Na ja eine Zinkwanne in der Rauchkammer etwas Papier und ein ölverschmierter Lappen machen uns einfach etwas vor. Aber so hatte es damals ausgesehen.

Vom Rest der Fahrt ist nur zu erwähnen, dass sie problemlos war, in Hagen die Lok durch eine Dreiecksfahrt gewendet wurde und der Zug mit Lok, Wagen und Personal wohlbehalten in Dahlhausen angekommen ist. 

Hier wurden wir natürlich mit Spannung erwartet. Auch der Präsident  der DGEG Prof. Dr. Fiegenbaum ließ es sich nicht nehmen, den Schienenstar und die Mannschaft zu begrüßen. Ich gebe zu, mein Abschlussbild ist nicht das schönste, aber es soll ja auch nur zeigen, warum wir das Ganze gemacht haben. 40 Jahre DGEG und 30 Jahre Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen gibt es nie wieder.





Rücküberführung der 10 001 nach Neuenmarkt-Wirsberg


Wer solche Freunde hat....   braucht keine Feinde mehr. Dieser Spruch sollte uns während der Rücküberführung der 10 001 nach Neuenmarkt-Wirsberg permanent begleiten. Natürlich war es nur Frotzelei, die bei jedem noch so kleinen Missgeschick  diesen Spruch hervorzauberte. Bleiben wir aber ernsthaft, so muß man sagen, dass sich in besonderen Situationen die Freundschaft ganz besonders bewährt hat. Aber fangen wir mal wieder ganz vorne an.  

Über die Ereignisse in Dahlhausen zu berichten, hieße Eulen nach Athen tragen. Das ist lang und breit in allen möglichen Foren berichtet worden, dem muß ich nicht auch noch was hinzufügen. Aber über die Vorbereitungen zur Rücküberführung da will ich doch noch etwas los werden. In der Kürze der Zeit hatten wir im DDM die Stromlinienverkleidung der Zylinder nur mit Draht verrödelt, da wir es nicht schafften, die vorhandene Verriegelung zu schließen. Der Mechanismus klemmte offensichtlich. Um nicht auf der Rücküberführen plötzlich einen Drahtbruch zu erleiden und dann möglicherweise mit geöffneten Fledermausflügeln einem ICE zu begegnen, wollten wir die Verriegelung gangbar machen. Wir drehten also an dem Vierkant, der mit der Gewindestange für den Haken verbunden ist.

Beim Drehen muß der Haken nach oben gehoben werden und in die Aufnahme (gelb) greifen, so dass die Flügel nicht wegklappen können. Aber nichts tat sich. Nun denkt man ja, alles alt und verrostet. Deshalb wird sich nichts bewegen. Aber da war nichts alt und verrostet im Gegenteil, es sah aus wie frisch von Krupp geliefert. Dann also die Farbe entfernen, die man im Eifer überall hin gepinselt hat. Aber auch das war eine Fehleinschätzung. Da wo keine Farbe hin gehört, war auch keine. Das Biest ließ sich einfach nicht bewegen. Was also tun? Ausbauen und zerlegen!

Des Rätsels Lösung war so einfach wie genial. Auf dem Vierkant sitzt eine Kreuzscheibe (rot), die durch eine Feder (nicht eingezeichnet) in eine kreuzförmige  Aufnahme gedrückt wird. Dieser einfache Trick verhindert, dass sich das Gewinde durch Erschütterungen losrappelt und sich die Fledermausflügel dann doch ausbreiten können. Wir hatten keinen passenden Spezialschlüssel, den wir auf den Vierkant steckten sondern nahmen den üblichen 17er. Aber der drückte eben nicht gegen die Kreuzscheibe mit zugehöriger Feder. Eine 21er Nuß mit Verlängerung, die tat es und die vier Verriegelungen ließen sich ohne Schwierigkeiten öffnen und schließen.

Der Rest mit dem Abschmieren war ja mittlerweile Routine. Da will ich nicht mehr drauf eingehen. Aber, da ich im Vorfeld so von der sogenannten Mitte geschwärmt habe, sollen zwei Fotos belegen, dass es wirklich sehr einfach war hier "Mitte zu machen".


Wenn man schon Fotos machen kann, lässt sich das ganze auch ohne Probleme abschmieren.

Am Montag um 8 Uhr war Dienstbeginn. Nichts ist unangenehmer als bei strömenden Regen eine Dampflok reisefertig zu machen. Ja was denn nun, war die Lok denn nicht schon längst abgeschmiert? Im Grunde schon, aber die sogenannten Verlustschmierstellen nimmt man sich erst unmittelbar vor der Abfahrt zur Brust.   

Wie das so ist, kaum setzte sich der Zug in Bewegung, hörte es auf zu regnen. Die ersten Kilometer sollten wie schon erprobt langsam angegangen werden. Das sie so langsam würden, ahnten wir natürlich nicht. Mit auf der Dampflok war Alex, ein neuer Kollege in unserem Haufen. Neue werden natürlich in die Besonderheiten der Strecke eingewiesen. Das hätte ich besser anderen überlassen! Gerade wollte ich auf einen ständig scharfen 500er Magnet hinweisen, da fegte ein vorwitziger Ast mir die Brille von der Nase. Das ist an sich nichts Außergewöhnliches, darin habe ich Übung. Über Funk fordere ich die Zuglok zum Halten auf. Zum Glück befanden wir uns noch in der Einfahrphase und der Zug stand sehr schnell. Zwei Bäume an der Strecke kamen als Verursacher in Frage und wir konzentrierten die Suche in diesen Bereichen. Zu allem Überfluß hat die Brille ein schwarzes Gestell, was sich besonders gut von den vielen kleinen schwarzen Birkenästchen am Boden abhebt. Nach zwanzig Minuten erfolgloser Suche brach ich blind wie ein Maulwurf und der Verzweiflung nahe die Suche ab. Vielleicht hatte der Ast die Brille auf einen Tritt der Wagen oder den Umlauf des Tenders gefegt. Alles Fehlanzeige. Beim Besteigen der Dampflok aber fanden wir das Biest. Etwas verbogen aber ansonsten heile lag sie auf dem Führerhausboden. Sofort wurde ich belehrt: Ein Beamter macht sich keine unnötige Arbeit und sucht zuerst am Arbeitsplatz. Da kann ich nur sagen, wer solche Freunde hat....

Weiter ging es über die Ruhrtalstrecke bis zur Ruine Hardenstein. Der heftige Regen hatte ja aufgehört, aber es war leider noch immer kein Sonnenschein. Es nieselte. Trotzdem denke ich, war es ein guter Gedanke eine kleine Pause einzulegen. Schließlich musste ich mich ja noch von dem vorrausgegangenem Schock erholen. Das Ergebnis möchte ich nicht vorenthalten:

Diese Aufnahme dürfte so schnell nicht wiederholbar sein. Es ist so wie mit dem Jodeldiplom, da hat man was fürs Leben.

Das Ruhrtal ließen wir in Wengern Ost hinter uns und schwenkten in Hagen in das Lennetal ein. Langsam aber sicher steigerten wir die Reisegeschwindigkeit auf die erlaubten 60 Sachen und bis Finnentrop fuhren wir ohne Halt durch. Hier war allerdings ein Boxenstop erfoderlich. Und in bewährter Manier a la scuderia Ferrari zeigte das Team, was in ihm steckt. Zwei Mann am Tankrüssel für die V 100, ein Mann am Dampfer und zwei Mann zum Bäcker. Versorgt mit frischem Kaffee und Brötchen konnte das Team weiteren Abenteuern entgegen sehen.

Eigentlich war Siegen als Etappenziel vorgesehen. Doch die Fahrt verlief so glatt, daß spontan der Entschluß gefasst wurde, wenn möglich, bis nach Aschaffenburg zu fahren. Der vorgesehene Halt in Butzbach sollte entfallen und dafür wenige Kilometer später in Friedberg auf einem weitaus größerem Bahnhof nachgeholt werden. Aber alle Räder stehen still, wenn's der Fahrdienstleiter will.

Schade, schade, denn so kamen einige Eisenbahnfreunde und die Kollegen der Hanauer 50 3552  in Friedberg um den Genuß, ihre Lok neben dem Schwarzen Schwan zu fotografieren.  Beschwerden diesbezüglich bitte nicht an unsere Adresse richten!

Kahl, wo liegt Kahl? Natürlich da, wo die Kahlgrundbahn fährt und wo die Hanauer 50 3552 ab und zu verkehrt. Dann lohnt es sich ja, hier einen Halt einzulegen. Nun so ganz war das natürlich nicht in unserer Absicht, aber die Betriebslage zwang uns dazu. Nach gut einer halben Stunde durften wir auch wieder auf die Schiene in Richtung Aschaffenburg.

Das Ziel war erreicht. Der Feierabend aber noch nicht. Um am nächsten Tag nicht unnötig viel Zeit zu verlieren, zogen wir das Abölen der Lokomotive bis auf die Verlustschmierstellen einfach vor. Wieder bewährte sich die erprobte Boxenstopstrategie. Diesmal musste nicht getankt dafür aber Döner gebunkert werden. Eine ungleich schwierigere Aufgabe.  Die Regenwolken hatten mit uns Erbarmen, sie zogen über uns hinweg ohne ihre Tropfenfracht abzuladen. Dafür wurde es aber zusehends dunkler.

Eine kleine Schwierigkeit stellte sich noch ein.  Die Diesellok mußte ans andere Zugende, um die Wagen noch etwas vorzuheizen, denn im Vergleich zu den letzten Tagen war es empfindlich kühler geworden. Gleichzeitig wurden mit dieser Rangierfahrt die Backschafter zur Dönerbude geleitet. Nun war die 10 001 quasi wieder die Zuglok.

Foto: Walter Kunkel
Einige Fotografen ließen sich diese Gelegenheit für ein Nachtfoto nicht entgehen. Da ich kein Stativ dabei hatte, konnte ich eine solche einmalige Gelegenheit nicht nutzen. Deshalb mein besonderer Dank an Walter Kunkel, der mir dieses Foto zur Verfügung gestellt hat.

Wer nun glaubt, nach dem ausgiebigen Abendessen wäre endlich der Feierabend gekommen, den muß ich wieder mal enttäuschen. Das Zugpferd, die V 100, machte leichte Sorgen. An einer Stopfbuchse der Pumpe für den Heizungskreislauf (ich hoffe ich gebe das richtig wieder, denn von Dieselloks verstehe ich soviel wie ein Blinder von der Farbe) trat Wasser aus. Eigentlich ist das nicht so schlimm, aber wenn man am nächsten Morgen nichts mehr hat, bereitet das Starten der Lok einige Probleme. Doch die Menge war noch ausreichend. Trotzdem wurde versucht, die Stopfbuchse zu dichten. Der Versuch kann getrost als gescheitert bezeichnet werden. Ein dermaßen kompliziert und unzugängiges Teil gibt es bei der Dampflok nicht.

Die Nacht verlief an sich ruhig. Aber trotz strömenden Regens ließ es sich ein Mitarbeiter nicht nehmen, den halben Spessart abzusägen. Ich sag ja, wer solche Freunde hat...

Morgens um sechs ist die Welt noch in Ordnung. Der Regen hat aufgehört. Der Himmel ist an einigen Stellen sogar richtig blau und über dem Spessart ziehen dunkel dräuend die letzten Wolken ab. Es wird Zeit für ein Foto, gestern Abend, das war ja für uns nichts mehr. Fast wie auf ein Kommando standen alle Mann draußen und machten ihr Foto.

Da Martin uns verlassen musste, auf ihn wartete schon eine weitere Überführung,  kam Helmut hinzu, um seine Position in dem bewährten Team einzunehmen. Die Engländer sagen zwar newwa tschendsch eh winning tiem (englisch müßte man können!), aber wir sind nun mal keine Engländer. Daß dieser Wechsel im Team richtig war, beweist die nächste Aufnahme, mit Helmuts Ankunft kam denn auch die Sonne.

Nun ist zwar um sieben die Welt immer noch in Ordnung, aber nur wenn man auch gut und ausgiebig gefrühstückt hat. Somit sind alle Mann bis auf einen, denn die Diesellok muß ja für die Weiterfahrt vorbereitet werden, in das Empfangsgebäude zu einem Bäcker. Der hatte reichlich Auswahl und vor allen Dingen frische Brötchen und frischen Kaffee. Der Ausflug in die Welt der Genüsse endete gegen acht. Auch da ist die Welt noch in Ordnung und das Licht zum fotografieren besonders schön. Die Sonne

zeigte sich, als wolle sie sich für den vergangenen und kommenden Tag entschuldigen. Wenn man dann noch einen guten alten Bekannten (Grüß Dich Wolfgang!) aus dem DSO-Forum trifft, dann muß der Tag doch schön werden.

Unser Zeitplan kam langsam in Verdrückung, jetzt mussten wir uns aber sputen. Schnell noch die Verlustschmierstellen und dann aber ab durch die Mitte. So sollte es jedenfalls geschehen. Aber wie es im Leben so ist, alle Räder stehen still, wenn ... nein, diesmal ist kein Fahrdienstleiter da, dem man den "Schwarzen Peter" zuschieben darf. Es kamen grade so viele Züge aus beiden Richtungen in den Gbf, dass die V 100 nicht umsetzen konnte. Einen Zug mit einer besonderen Bespannung ließ man sogar direkt neben unser Gleis.

Aber endlich war es dann doch so weit.

Unsere Zuglok konnte umsetzen und sich vor den Zug spannen. Ohne nennenswerten Halt kamen wir auf dem gleichen Weg wie bei der Hinreise nach Neuenmarkt-Wirsberg, wo Volker Dietel sein Prachtstück unversehrt wieder in Empfang nehmen konnte. War es Erleichterung, dass alles gut ausgegangen war, oder einfach nur fränkische Gastfreundschaft, wir wurden wieder bestens bewirtet. Aber auch die schönsten Stunden gehen vorüber und irgend wann naht der Abschied.

Was kann ich da als Foto zeigen? Vielleicht einen Nachschuß der vorbeieilenden Lok? Schade, dass es nur ein Fake ist.

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